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Aus History-GO
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"HistoryGo" ist ein Projekt im Rahmen der Erinnerungsarbeit am Westfalen-Kolleg Dortmund. Um den Namen auf Stolpersteinen ein Gesicht zu geben und diese Menschen vor dem Vergessen zu bewahren, haben wir ein Wiki eingerichtet. Hier finden sich allerdings nicht nur die Lebensgeschichten derjenigen jüdischen Bürger und Bürgerinnen, für die unsere Schule die Stolpersteine verlegt hat, sondern auch allgemeinere Informationen über die Verfolgung von Dortmunder Juden und Jüdinnen in der NS-Zeit.

Das Westfalen-Kolleg Dortmund und die Erinnerungsarbeit

Das Westfalen-Kolleg Dortmund ist eine Schule, an der junge Erwachsene ihre allgemeine Hochschulreife erwerben, es umfasst die Bildungsgänge Kolleg und Abendgymnasium, zu letzterem zählen die Lehrgänge abitur-online und abitur-online für Beruflich Reisende.

Seit 2011 betreiben die Geschichtsfachschaft und die Geschichts-AG eine intensive Erinnerungsarbeit. Dazu gehören über die Jahre hinweg Begegnungen mit Zeitzeugen und Zeitzeuginnen aus aller Welt. Über persönliche Freundschaften und Verbidungen zu der Dortmunder Partnerstadt Leeds haben wir auch intensive Einblicke in die Geschichte des Kindertransports erhalten. Außerdem haben wir neue Wege gesucht, um die Erinnerungsarbeit kulturell und kreativ zu gestalten. So drehten wir 2017-2019 den mehrfach prämierten Kurzspielfilm "Races" mit Zusatzmaterial, steuerten 2019 zu der Ausstellung "Mein Dortmund" im Museum für Kunst- und Kulturgeschichte einen "Erinnerungskoffer" bei und arbeiten momentan an einer Graphic novel zur "Ausgrenzung einst und jetzt".




Wie alles begann

2013 wird die Studienfahrt nach Auschwitz zum Anlass nach jüdischen Spuren in der Rheinischen Str., der Adresse unserer Schule, zu fahnden. Im Jahr darauf 2014 verlegt das Westfalen-Kolleg vier Stolpersteine für die Familie Neugarten, die nun wieder Spuren hinterlassen!

2015 führt die Spurensuche zu der Verlegung zweier Stolpersteine für die Familie Jordan in der Rheinischen Str. 56, gegenüber unserer Schule. Im November 2018 folgte die Verlegung zweier weiterer Stolpersteine für die Familie Jordan, und wir wählten den Themenschwerpunkt „Exil“ bei unserer schuleigenen Gedenkveranstaltung.

Was haben wir dadurch erlebt und gelernt? Was ist neu?

Wir haben gelernt, dass sich noch einige der verschwundenen Spuren unserer jüdischen Nachbarn aufspüren lassen, die in der Rheinischen Straße Geschäfte in der Textilbranche führten: Hier ein Foto, da eine Geschichte von Nachfahren ehemaliger Schulkameradinnen, dort oral history aus dem Viertel und Tonbandinterviews aus Israel. Außerdem kam es zu intensiven Begegnungen mit überlebenden Verwandten. Geschichte ist dabei weit mehr als ein Schulfach, vielmehr öffnen sich auch für Nachfahren dieser Familien verschüttete Wege.

In der Woche des 9. Novembers finden zur mahnenden Erinnerung an die "Reichspogromnacht" nun regelmäßig Gedenkveranstaltungen an unserer Schule statt.

Wer ist an dem Projekt beteiligt?

History-Go ist vor allem ein gemeinsames Projekt zweier Fachschaften: Ohne die Informatikfachschaft wäre das Wissen der Geschichtsfachschaft weiterhin im klassischen Rahmen präsentiert worden: auf Gedenkveranstaltungen und in Artikeln.

Inzwischen haben aber auch diverse Gruppen von Studierenden an dem Projekt gearbeitet: Projektkurse zum Thema, ferner Teilnehmende einzelner Literaturkurse, die z.T. einen anderen Zugang gewählt haben. So finden sich neben klassischen Wiki-Artikeln kreative Bearbeitungen des Themas, sogar die Künstliche Intelligenz kam zum Einsatz. Außerdem unterstützte uns noch der Künstler Udo Schotten mit der Anfertigung von Zeichnungen, wo historisches Bildmaterial nicht verfügbar war oder wegen der Spezialartikel für junge LeserInnen nicht passend schien. An derartigen Stellen arbeiten wir mit einer Farbmarkierung, um fiktionales Material von historischen Originalen abzusetzen.

Über die Jahre hat uns Rolf Fischer mit historischem Rat zur Seite gestanden und sein 2015 herausgebrachtes "Gedenkbuch für die ermordeten Dortmunder Jüdinnen und Juden" war für uns an vielen Stellen ein unersätzliches Grundlagenwerk. Auch dem Stadtarchiv Dortmund sind wir zu Dank verpflichtet.


Projektziele

Wie für alle sichtbar, ist diese Seite noch work in progress.

Familien

Neugarten

Stammbaum

Johanna Neugarten geb. Stern

Liesel Neugarten

Max Neugarten

Stern

Stammbaum

Frieda Stern

Johanna Neugarten geb. Stern

Jordan

Stammbaum Familie Jordan

Aaron und Auguste Jordan

Helga Jordan

Paul Jordan

Hermann Jordan


Weitere

Jenny Dresen

HistoryGo in einfacher Sprache

Neugarten

Stammbaum

Liesel Neugarten

Max Neugarten

Stern

Stammbaum

Frieda Stern

Johanna Neugarten geb. Stern


Jordan

Stammbaum Familie Jordan

Aaron und Auguste Jordan

Helga Jordan

Paul Jordan

Hermann Jordan

Weitere

Jenny Dresen

HistoryGO in anderen Sprachen

Hier sollen Seiten entstehen, die von Studierenden in ihre Muttersprachen übersetzt wurden.

Russisch

Historischer Kontext

Jüdische Textilindustrie

Boykott jüdischer Geschäfte

Jüdische Volksschule Dortmund

Dortmunder Juden im Exil

Fiktionaler Blick auf Jüdinnen im Exil

Dortmunder Juden in der Nachkriegszeit

Fiktionaler Blick auf Jüdinnen in der Nachkriegszeit

Affidavit

Orte

Auschwitz

Hans Münch — KZ-Arzt in Auschwitz

Kommentar: Im Zweifel für den Angeklagten?

Über die Auseinandersetzung mit einer historischen Figur und den Verbrechen der eigenen Familie(-n)

- „Erinnerungsarbeit ist ein Prozess der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, der sowohl eine ethische als auch eine historische Dimension hat.“ – Gabriel, Barbara. "Die unerträgliche Fremdheit des Seins; Edgar Reitz' Heimat und die Ethik des Unheimlichen" in Postmodernism and the Ethical Subject

Sie fragen sich vielleicht, weshalb ich, der Autor, mich in lyrischer Form mit einer kontroversen Person des Nationalsozialismus auseinandergesetzt habe. Vielleicht zweifeln Sie auch, ob diese Form der Erinnerungsarbeit dem Anspruch einer historischen Plattform wie dieses Projekts gerecht wird. Und vielleicht kommt es Ihnen so vor, als würde ich mit meinem Artikel mehr ethische Fragen stellen als diese zu beantworten. Es bleibt Ihnen überlassen, welches Urteil Sie hierüber fällen. Doch ich möchte mich trotzdem – wenn Sie es gestatten und sich die Zeit nehmen möchten – zu meinen Beweggründen äußern.

Die unter der Führung des Hitler-Regimes legitimierte Kriminalität des Nationalsozialismus gehört zu den schlimmsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte. Dabei schockiert mich persönlich am meisten die Brutalität, die ausgefeilte Systematik und die Abgeklärtheit der Beteiligten – und hierbei meine ich wirklich alle, die ihren Teil zu dieser Maschinerie der gruppenbezogenen und letztendlich tödlichen Menschenfeindlichkeit beigetragen haben. Dabei klammere ich weder mich selbst noch meine Familie aus. Ganz im Gegenteil. Mein Großvater väterlicherseits war ein Offizier der Schutzstaffel und bei der Luftwaffe tätig – der genaue Dienstgrad ist mir leider nicht bekannt. Er wurde später von den alliierten Kräften gefangen genommen, ansonsten „gäbe es mich wohl nicht“ – Zitat meines Vaters. Viel mehr Auskünfte gab er mir hierzu nicht. Mein Urgroßvater mütterlicherseits hat einen Friseursalon in Bamberg betrieben, in dem er ein „Juden nicht willkommen!“-Schild im Schaufenster aufstellte – er wurde später in den Krieg eingezogen und auch von den Alliierten gefangen genommen. Meine Großmutter meinte dazu nur, dass der Aushang im Laden aber legitim gewesen sei, da ihr Vater ja persönliche Erfahrungen mit Juden gemacht habe.

- „Wie konfrontieren wir das, was wir ausgeschlossen haben, um zu sein, sei es die Rückkehr des Verdrängten oder die Rückkehr des Fremden?“ – (1982) Kristeva, Julia. Powers of Horror. New York: University Press

Auf weitere kritische Nachfragen meinerseits reagierten sowohl mein Vater als auch die Mutter meiner Mutter relativ gleich: Sie wichen aus. Für mich waren das Verheimlichen und die Ausflüchte einige Zeit lang schwer nachzuvollziehen. Zumindest bis ich das Buch von Jennifer Teege, „Amon: Mein Großvater hätte mich erschossen“, gelesen habe. Ein wichtiger Aspekt des Buches ist der Selbsterhaltungstrieb der Angehörigen von Schwerverbrechern wie Amon Göth, dem „Schlächter von Plaszow“. Die einen flüchten vor den vernichtenden Schuldgefühlen und der bodenlosen Scham in weltfremde Narrative, wie die Großmutter von Frau Teege. Die anderen leugnen ihr Wissen um die Tatsachen und versuchen ihre Hände in Unschuld zu waschen, wie zum Beispiel die meisten der deutschen Industriellenfamilien und Kriegsprofiteure. Manche, die wenigsten, versuchen Wiedergutmachung zu leisten, setzen sich – auch wenn es schmerzhaft ist und sehr schwer fällt – mit den Handlungen ihrer Verwandten und Bekannten auseinander. Hierfür ist ein Beispiel Hans Schütz, der in seinem Buch „Der gute Mensch von Auschwitz?“ über seine positiven Jugenderfahrungen mit Dr. Hans Münch berichtet und den Schock thematisiert, den er am eigenen Leibe erfährt, als er herausfindet, mit was für einem Mann er es die ganze Zeit eigentlich zu tun hatte.

Der Arzt Dr. Hans Münch, war der einzige Kriegsverbrecher, der in Auschwitz als Teil des NS-Regimes gearbeitet hatte, und dem Todesurteil durch das Kriegsgericht in Krakau, Polen 1947 durch Freispruch entkommen war. Dies ermöglichten ihm seine „Angestellten“ – die ihm zugewiesenen Häftlinge –, die vor Gericht aussagten, wie wohlwollend Herr Münch doch gewesen sei und, dass dieser viele Insassen vor dem Tod bewahrt habe. Wenn Sie mich, einige Experten und Expertinnen fragen, hat Herr Münch ausreichend Verstand gehabt, um sich mit diesen sogenannten „Persil-Scheinen“ rechtzeitig abzusichern. Zudem erregten die Aussagen der Entlastungszeugen den Anschein, dass Münch vertrauenswürdig sei. Später – 1964 – wollte das Gericht in Frankfurt diesen Umstand nutzen, um anhand von Münchs Wissen weitere Angeklagte im Auschwitz-Prozess zu belasten. Allerdings verschleierte der Zeuge bei Befragungen die wahren Umstände, indem er, wenn es um direkte Fragen zu Mittätern und ihrem Verhalten ging, verschwindend gering konkrete Aussagen tätigte. Seine vermeintliche Expertise wurde zudem genutzt, um die KZ-interne Dokumentation der Ärzte zu entwirren. Wie viel Glauben der Analyse Münchs geschenkt werden kann ist fraglich.

Denn in Interviews und Aussagen Münchs wird sein wahrer Charakter deutlich. Dieser Mensch verkörpert für mich eine weitere Riege der Beteiligten des NS-Regimes – die egozentrischen Opportunisten. Als ich mich anfangs mit Münch befasst habe, dachte ich noch ich könne einen sachlichen Artikel über ihn, sein Handeln und den von ihm beschriebenen Lageralltag verfassen. Dabei hatte ich mir vorgenommen einen anderen Blickwinkel einzunehmen und nachzuvollziehen, warum einige Persönlichkeiten für ihre grausamen Handlungen nicht oder nur gemäßigt zur Rechenschaft gezogen wurden. Doch je mehr ich mich mit der Materie und der Haltung des Mediziners Münch auseinandersetze – der sich nebenbei bemerkt freiwillig für den Dienst in Auschwitz meldete, um, eigenen Aussagen nach, nicht in Roßhaupten mit seinen Talenten versauern zu müssen –, merkte ich, wie emotional mein Subtext wurde. Es war mir schlichtweg nicht möglich, so unsagbar viel Leid der Opfer und die nüchterne Abgeklärtheit der Täter objektiv zu beurteilen. Ich war gelähmt davon, wie detailliert und anteilnahmslos Dr. Münch von den Scheiterhaufen aus Leichen erzählte. Ich stellte mir vor, wie dieser Wahnsinn in Auschwitz tagtäglich ausgesehen haben musste. Wie abgerichtet mussten die Gefängniswärter gewesen sein, um den Gestank und die Flammen ignorieren zu können? Wie rücksichtslos war die Einstellung der „Wissenschaftler“, die in Auschwitz nicht viel mehr als unerschöpfliche Ressourcen für ihre Forschung sahen? Gibt es überhaupt einen passenden Ausdruck für die Tyrannei, die den Inhaftierten und deren Angehörigen widerfahren ist?

Diese und viele weitere Fragen zermarterten mein Gehirn und ich kam zu der Erkenntnis, dass ich kein sachliches Urteil fällen konnte. Und zudem bleiben bedauerlicherweise viele Fragen schlicht ungeklärt. Nur die Individuen selbst wissen darauf eine Antwort zu finden, doch die meisten der Täter schweigen. Deshalb bin ich Herrn Münch zumindest im historischen Sinne für eine Sache dankbar. Dadurch, dass er so selbstbewusst und offen über die Zustände im Lageralltag und seine Arbeit berichtete, war es mir möglich die unmittelbare Perspektive der Exekutive des nationalsozialistischen Regimes einzunehmen. Kein gutes Gefühl, jedoch verschaffte es mir zumindest etwas Klarheit. Im Zweifel also für den Angeklagten? In diesem Fall lautet meine Antwort ganz klar Nein.

Weg der Erinnerung

Der Weg der Erinnerung ist Teil der Erinnerungsarbeit am Westfalen-Kolleg Dortmund und erinnert auf dem Weg von der Schule zum Platz der Synagoge an das jüdische Leben in Dortmund vor der NS-Zeit, um das Gegenteil der Zielsetzung der Nationalsozialisten, das jüdische Leben vergessen zu machen, zu erreichen.

Alte Synagoge Dortmund

Steinwache

Südbahnhof Dortmund

Materialien

Bilder

offene Aufgaben