Weg der Erinnerung

Aus History-GO
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Hier entsteht der "Weg der Erinnerung", der über verschiedene Stationen, beginnend am Westfalen-Kolleg Dortmund, zum Platz der Synagoge führt.

Dieser Weg ist Teil der seit 2014 betriebenen Erinnerungsarbeit des Westfalen-Kollegs und des Projektkurses History GO. Damit möchten wir an das jüdische Leben in Dortmund, besonders in der direkten Nachbarschaft der Schule, vor der NS-Zeit, aber auch in der Zeit der Verfolgung erinnern. So versuchen wir zu erreichen, dass jene jüdischen Mitbürger und Mitbürgerinnen nicht vergessen werden, wie es die Zielsetzung der Nationalsozialisten war. Hierbei fokussieren wir uns auf zwei jüdische Familien in der Rheinischen Straße, für deren Stolpersteine das Westfalen-Kolleg die Patenschaft übernommen hat.
Vom Westfalen-Kolleg über die letzten freiwilligen Wohnorte der Familien Jordan und Neugarten führt uns der "Weg der Erinnerung" zu dem ehemaligen Standort der alten Synagoge: Dieses Gebäude prägte damals das Stadtzentrum von Dortmund und stand zugleich im Mittelpunkt des jüdischen Lebens dieser Stadt.
Die auf dieser Seite verwendeten Bilder wurden von Studierenden des Westfalen-Kollegs, im Rahmen des Projektkurses History GO, aufgenommen oder selbst gestaltet.

Ansicht auf das Westfalen-Kolleg über die Rheinische Straße

Startpunkt: Westfalen-Kolleg Dortmund

Das Westfalen-Kolleg liegt relativ zentral auf der Rheinischen Straße. Die Geschäfte gegenüber der Schule sind heute überwiegend asiatisch geprägt, doch einst lebte dort die Familie Jordan.


Der Weg erinnert an die Zerstörung und Opfer, welche durch das Nazi-Regime verursacht wurden.




Rheinische Straße 56, letzter freiwilliger Wohnort der Familie Jordan

Am Freitag, dem 12.06.2015, hat die Geschichtsfachschaft des Westfalen-Kollegs – gemeinsam mit Dror Avner, dem Urenkel Auguste und Aaron Jordans – Stolpersteine für die Eheleute Jordan, die in der Rheinischen Straße 56 (gegenüber dem Kolleg) wohnten, verlegt.¹ Am Freitag, dem 9.11.2018, wurden durch die Studierenden und Lehrkräfte des Westfalen-Kollegs zwei weitere Gedenksteine für Helga Lilie-Jordan und Hermann Jordan verlegt. Dies geschah im Rahmen der jährlichen Gedenkveranstaltung der Opfer der Reichspogromnacht. Nach der Verlegung gab es eine Veranstaltung in der Cafeteria zum Thema "unfreiwilligen Auswanderung"².


Ausführliche Berichte über die Verlegung der einzelnen Stolpersteine für die Familie Jordan finden sich auf der Homepage des Westfalen-Kollegs.

Drov Avner mit seiner Tochter bei der Verlegung der Stolpersteine.
Stolpersteine2.jpg
Auguste Jordan
*1875, deportiert 1942 nach Theresienstadt, ermordet 6.5.1943
Aaron Jordan
*1872, "Schutzhaft" 1938 in der Steinwache, deportiert 1942 nach Theresienstadt, ermordet 14.12.1942
Hermann Jordan
*1907, Flucht 1934 nach Palästina
Helga Jordan
*1912, Flucht 1935 nach Palästina

Heutiges Haus der Familie Jordan







Jüdischer Friedhof

Nachdem das Niederlassungsverbot für Juden 1808 aufgehoben worden war, entstanden die ersten Anfänge einer jüdischen Gemeinde in Dortmund. Da der nächstgelegene jüdische Friedhof in Dorstfeld zu weit entfernt war, ersuchte die Gemeinde um eine Genehmigung für die Einrichtung eines eigenen Friedhofs in der Stadt. Am 22. Juni 1815 schlossen Stadt und Gemeinde einen Vertrag ab, demzufolge die jüdische Gemeinde einen Teil des Westentotenhofes als unwiderrufliche Erbpacht erhielt.

Im Jahr 1866 betrug die jüdische Bevölkerung Dortmunds bereits 500 Menschen. Da alte Gräber nach jüdischer Tradition nicht geräumt und neu verwendet werden dürfen, zeichnete sich ein Platzmangel ab, weshalb die Gemeinde 1885 ein Angebot der Stadt annahm, einen separaten Teil des neu eingerichteten Ostfriedhofs zu nutzen. Das Gelände des alten Friedhofs ging zurück in städtische Hände, unter der Bedingung, dass das Land niemals bebaut werden dürfe, zudem sollten die bestehenden Grabsteine nicht entfernt werden.

1892 wurde die Schließung des gesamten Westfriedhofs beschlossen und das Gelände als Grünanlage umgestaltet. Während des zweiten Weltkriegs wurden, entgegen der bestehenden Versprechen seitens der Stadt, im Gebiet des ehemaligen Westfriedhofs Bunkeranlagen errichtet. Dabei wurden nicht nur die Überreste des jüdischen Friedhofs vollkommen zerstört, es sollen auch Grabsteine als Baumaterial missbraucht worden sein. Auch nach dem Krieg nutzte die Stadt das Gelände für eigene Zwecke. Zunächst als Betriebshof und ab 1955 als Schulgelände, welches dort noch heute besteht.³ Erst im Jahr 2016 wurde auf Initiative von den drei ehemaligen Schülerinnen Marie und Paula Löhring sowie Edina Pelke des Reinoldus-Schiller-Gymnasiums ein Denkmal für den geschändeten Friedhof errichtet.Im Jahr 2014 erhielt ihr Entwurf für ein Grabmal die Zustimmung der Bezirksregierung und der Jüdischen Gemeinde Dortmund.


Das Denkmal am Rande des Westparks
Nahaufnahme des Gedenksteines
Inhaltliche Übersetzung des Gedenksteins.
Wort für Wort Übersetzung der Hebräischen Inschrift

Rheinische Straße 29, letzter freiwilliger Wohnort der Familie Neugarten

Max Neugarten
*1896, deportiert 1943 nach Auschwitz, im selben Jahr dort ermordet
Johanna Neugarten
*1902, deportiert 1943 nach Auschwitz, ermordet 3.3.1943
Frieda Stern
*1868, deportiert 1942 nach Theresienstadt, Befreit/Überlebt
Liesel Neugarten
*1933, deportiert 1943 nach Auschwitz, ermordet 3.3.1943
Bezirksbürgermeister Friedrich Fuß während seiner Rede
Christina Bruch verliest eine Todesanzeige aus dem "Aufbau"
Todesanzeige der Familie Neugarten

Bei einem Vorbereitungstreffen für eine Studienfahrt nach Auschwitz hatte eine Teilnehmerin nach vergessenen jüdischen Bürger und Bürgerinnen Dortmunds gefragt. So entstand die Idee, Stolpersteine in der Schulnachbarschaft zu verlegen. Mithilfe Rolf Fischers, Historiker und Experte für die jüdische Geschichte Dortmunds, stieß man dann auf die Familie Neugarten. Unter dem Motto „Den Vergessenen ihren Namen zurückgeben“ wurden am 11.12.2014 im Auftrag des Westfallen-Kollegs vier Stolpersteine vor dem Haus der Rheinischen Straße 29 für die Familie Neugarten verlegt.

Nach der Verlegung sprachen Sebastian Seng vom Jugendring und der Bezirksbürgermeister Friedrich Fuß über die Bedeutsamkeit des Erinnerns an stille Helden und Opfer des NS-Terrors. Danach las die ehemalige Studierende Christina Bruch, welche auch an der Studienfahrt nach Auschwitz teilgenommen hatte, eine Todesanzeige der Verwandten Neugartens vor. Diese erschien 1946 in der deutsch-jüdischen Exilzeitung "Der Aufbau" in New York.


Platz der alten Synagoge

An dem Ort, an dem heute das Theater Dortmund steht, wurde im Juni 1900 die Synagoge eröffnet. Zu ihrer Zeit war sie eine der größten in ganz Deutschland. Die Nationalsozialisten zwangen die Jüdische Gemeinde zum Verkauf der Synagoge und begannen sofort mit dem Abbruch, im Dezember 1938 war die Demontage komplett. Auf Dortmunder Stadtgebiet gab es zwei weitere repräsentative Synagogen, in den Stadtteilen Hörde und Dorstfeld. Beide wurden in der Pogromnacht geschändet und zerstört. 1998 wurde der Theaterplatz umbenannt zum „Platz der Alten Synagoge“.

Ansicht auf das Theater Dortmund am ehemaligen Standort der Synagoge
Zur Erinnerung wurde der Platz nach der Synagoge benannt
Vogelperspektive auf das Theater




In dem Boden des Theatervorplatzes kann man in den Steinmustern einen Davidstern erkennen. Ob dies von dem Architekten als Andenken an die Synagoge dient, ist nicht bekannt.

Gedenken an die Synagoge

In Erinnerung an die Opfer des Nazi-Regimes wurde eine Gedenktafel und ein Gedenkstein am Platz der alten Synagoge errichtet.

Bitte mit der Maus über die Bilder gehen, um die Aufschriften zu lesen.


Die Gedenktafel wurde an einer Mauer in der Nähe des Operneingangs im Jahr 1966 angebracht. Die Tafel besteht aus Bronze und ist 1,32 Meter hoch und 0,82 Meter breit. Entworfen wurde sie von Fritz Kühn, einem Metallbildhauer, der bereits bei dem Bau des Theaters beteiligt war.

Der Gedenkstein wurde 1990 errichtet und besteht aus einem Granitblock und Anröchter Sandstein, wobei nur die beiden beschrifteten Seiten geschliffen wurden, da der Stein wie ein verbleibendes Mauerwerk aussehen soll. Erschaffen wurde das Mahnmal von dem renommierten Bildhauer Waldemar Otto, welcher in seinem Leben einige Preise für seine Arbeit bekam. Es soll auch an den Architekten der Synagoge, Eduard Fürstenau, und an den von ihm ausgeführten prächtigen Kuppelbau erinnern.

Einzelnachweise

[1] https://www.wkdo.info/aktuell-hauptmen-89/718-stolpersteine-fr-eheleute-jordan.

[2] https://www.wkdo.info/aktuell-hauptmen-89/1282-stolpersteinverlegung-und-gedenkveranstaltung-zum-9-november.

[3] Die Informationen über den jüdischen Friedhof basieren im Wesentlichen auf Bausch, 2019.

[4] Klaus Hartmann, "Neuer Gedenkstein erinnert an den ehemaligen jüdischen Friedhof im Westpark – Heute Chanukka-Feier am Phoenixsee", Nordstadt Blogger, https://www.nordstadtblogger.de/neuer-gedenkstein-erinnert-an-den-ehemaligen-juedischen-friedhof-im-westpark-heute-chanukka-feier-am-phoenixsee/ , Zugriff 07.03.2023.

[5] https://www.wkdo.info/aktuell-hauptmen-89/663-stolpersteine.

[6] https://www.dortmund.de/de/freizeit_und_kultur/museen/kior/alle_kunstwerke/detail_514390.html.

[7] https://www.nordstadtblogger.de/das-kuenstlerische-mahnmal-fuer-die-alte-synagoge-in-der-city-von-dortmund-wurde-gereinigt-und-restauriert/.

Internetquellen

1. Stolperstein-Verlegung für die Familie Jordan auf der Website des Westfalen-Kollegs Dortmund

2. Ausführlicher Bericht des Westfalen-Kollegs Dortmund über die Stolperstein-Verlegung für die Familie Jordan

3. Stolperstein-Verlegung für die Familie Neugarten auf der Website des Westfalen-Kollegs Dortmund

4. Bericht über die Stolperstein-Pflege im Dortmunder Lokalkompass

Gedruckte Informationen

Hans-Wilhelm Bohrisch, Jüdische Friedhöfe, Denkmale und Gedenktafeln. Zur Erinnerung an das Schicksal der jüdischen Bevölkerung in Dortmund, in: Heimat Dortmund, Ausgabe 1, 1996, "Jüdisches Leben in Dortmund", S. 32-36. https://historischer-verein-dortmund.de/2021/02/19/ausgabe-1-1996-juedisches-leben-in-dortmund/

Herman Josef Bausch, Der Westpark in Dortmund: Historischer Friedhof und "Grüne Lunge", in: Stefan Mühlhofer / Hartwig Kersken (Hg.),"Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark", Band 110, Dortmund 2019, S. 117-300.