Helga Jordan (SEK): Unterschied zwischen den Versionen

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  Helga Jordan „besuchte 3 Jahre die Vorschule, dann das Städtische Schillerlyzeum und schliesslich die Realgymnasial-Studienanstalt des Schillerlyzeums in Dortmund.“ ( Zitat Helga Lillie  in  der Eidesstattlichen Erklärung) (3)  
 
  Helga Jordan „besuchte 3 Jahre die Vorschule, dann das Städtische Schillerlyzeum und schliesslich die Realgymnasial-Studienanstalt des Schillerlyzeums in Dortmund.“ ( Zitat Helga Lillie  in  der Eidesstattlichen Erklärung) (3)  
  
Das Schillerlyzeum, heute das Schiller-Gymnasium, war eine sogenannte Bündelschule. Eine  
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Das Schillerlyzeum, heute das Schiller-Gymnasium, war eine sogenannte Bündelschule. Eine  
 
''"Realgymnasial-Studienanstalt nebst Schillerlyzeum, Dreijähriger Frauenschule und Vereinigten Sozialpädagogischen Lehrgängen der Stadt Dortmund"''.
 
''"Realgymnasial-Studienanstalt nebst Schillerlyzeum, Dreijähriger Frauenschule und Vereinigten Sozialpädagogischen Lehrgängen der Stadt Dortmund"''.
Am 08. März 1932 absolvierte sie dort die sogenannte Reifeprüfung, zu vergleichen mit dem heutigen Abitur.  
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Am 08. März 1932 absolvierte sie dort die sogenannte Reifeprüfung, zu vergleichen mit dem heutigen Abitur. In der Entschädigungsakte der Wiedergutmachungsakte fand sich eine Abschrift ihres Abschlusszeugnisses.
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Schillerlyzeum, Frauenschule und verein.sozialpaedagogischen Lehrgaengen
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der Stadt Dortmund.
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Fraeulein Helga J o r d a n
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geboren den 24.3.1912 zu Dortmund, Kreis……..
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1. Religion: sehr gut
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6. Geschichte (Staatsbuergerkunde): gut
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8. Mathematik: genuegend
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10. Chemie: gut
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Witt m.p., Studienrat Unterschr. Unleserlich, Studienrat
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Dr. Wellner m.p. Stolte Studienraetin
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Dr. Unckel m.p. Dr. Scheben m.p. Studienraetin
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Unterschr.unles.Rabbiner Pohl m.p.
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Ihre Lieblingsfach war Englisch, später spielte sie auch sehr gerne Scrabble in Englisch. (Interview Minute 2.30)  
 
Ihre Lieblingsfach war Englisch, später spielte sie auch sehr gerne Scrabble in Englisch. (Interview Minute 2.30)  
 
<br>Helga Jordan hatte ursprünglich den Wunsch, Ärztin zu werden, es war ihr jedoch nicht möglich nach der Schule ein Studium anzutreten, da ihr Vater am 31. Dezember 1932 sein Geschäft aufgrund der Wirtschaftskrise einstellen musste und es an seinen Bruder  Arthur Jordan übergab. Die zusammengelegten beiden Firmen liefen unter dem Namen bereits bestehenden brüderlichen Geschäfts, Geschwister Jordan GmbH. Es handelte sich um ein Manufakturwarengeschäft in der Münsterstr. 41-45. Später äußerte Helga, dass es an sich aber gut war, dass sie keine Ärztin geworden sei, weil sie zwar sehr gut helfen könne, aber kein Blut sehen könne.  (Minute 23.34)
 
<br>Helga Jordan hatte ursprünglich den Wunsch, Ärztin zu werden, es war ihr jedoch nicht möglich nach der Schule ein Studium anzutreten, da ihr Vater am 31. Dezember 1932 sein Geschäft aufgrund der Wirtschaftskrise einstellen musste und es an seinen Bruder  Arthur Jordan übergab. Die zusammengelegten beiden Firmen liefen unter dem Namen bereits bestehenden brüderlichen Geschäfts, Geschwister Jordan GmbH. Es handelte sich um ein Manufakturwarengeschäft in der Münsterstr. 41-45. Später äußerte Helga, dass es an sich aber gut war, dass sie keine Ärztin geworden sei, weil sie zwar sehr gut helfen könne, aber kein Blut sehen könne.  (Minute 23.34)

Version vom 28. Dezember 2023, 17:04 Uhr

Vermutlich Helga Jordan (roter Kreis)

Lebensdaten

Helga Jordan wurde am 24.03.1912 in Dortmund als Tochter von Aaron und Auguste Jordan geboren. Sie wuchs in gutbürgerlichen Verhältnissen auf (1). Helga hatte zwei Geschwister, ihren Bruder Hermann Jordan sowie ihren Bruder Paul Jordan. Die Familie Jordan gehörte der jüdischen Gemeinde Dortmund an, war allerdings eher liberal eingestellt.(2)

Helga Lilie-Jordan und ihr Bruder Hermann waren die einzigen Shoa-Überlebenden aus ihrer Familie. Sie starb am 19. April 1992 in Jerusalem.

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Ausbildung

Helga Jordan „besuchte 3 Jahre die Vorschule, dann das Städtische Schillerlyzeum und schliesslich die Realgymnasial-Studienanstalt des Schillerlyzeums in Dortmund.“ ( Zitat Helga Lillie  in  der Eidesstattlichen Erklärung) (3) 
Das Schillerlyzeum, heute das Schiller-Gymnasium, war eine sogenannte Bündelschule. Eine 

"Realgymnasial-Studienanstalt nebst Schillerlyzeum, Dreijähriger Frauenschule und Vereinigten Sozialpädagogischen Lehrgängen der Stadt Dortmund". Am 08. März 1932 absolvierte sie dort die sogenannte Reifeprüfung, zu vergleichen mit dem heutigen Abitur. In der Entschädigungsakte der Wiedergutmachungsakte fand sich eine Abschrift ihres Abschlusszeugnisses. Realgymnasial – Studienanstalt Schillerlyzeum, Frauenschule und verein.sozialpaedagogischen Lehrgaengen der Stadt Dortmund. Stempelfrei nach Tarifstelle 77a des Stempelsteuergesetzes. ZEUGNIS der REIFE. -.-.-.-.-.-.- Fraeulein Helga J o r d a n geboren den 24.3.1912 zu Dortmund, Kreis…….. israelit. Bekenntnisses war 7 Jahre auf der realgymnasialen Studienanstalt und 2 Jahre in Prima. Ihre Leistungen waren in: 1. Religion: sehr gut 2. Deutsch: gut 3. Lateinisch: gut 4. Franzoesisch: genuegend 5. Englisch: gut 6. Geschichte (Staatsbuergerkunde): gut 7. Erdkunde: gut 8. Mathematik: genuegend 9. Physik: genuegend 10. Chemie: gut 11. Biologie: gut 12. Leibesuebungen: befreit Sie hat die Reifeprüfung bestanden. Der unterzeichnete Prüfungsausschuss hat ihr demnach das ZEUGNIS DER REIFE zuerkannt. Fraeulein Jordan will Aerztin werden. Rundsiegel: Dortmund, den 8.Maerz 1932 Provinzial-Schul- Kollegium zu Muenster Staatslicher Pruefungsausschuss: Kommissions-Siegel Unterschrift unles. Unterschrift unles. Pruefungsleiter Vertreter der Stadtgemeinde Rundsiegel: Schillerlyz.m. Realgym.Studien Anstalt u. Frauenschule zu Dortmund Dr. Kuessner, Ober-Studiendirektor als Anstaltsleiter Witt m.p., Studienrat Unterschr. Unleserlich, Studienrat Dr. Wellner m.p. Stolte Studienraetin Dr. Unckel m.p. Dr. Scheben m.p. Studienraetin Unterschr.unles.Rabbiner Pohl m.p. Mallinckrodt m.p. Unterschr. Unles.“


Ihre Lieblingsfach war Englisch, später spielte sie auch sehr gerne Scrabble in Englisch. (Interview Minute 2.30)
Helga Jordan hatte ursprünglich den Wunsch, Ärztin zu werden, es war ihr jedoch nicht möglich nach der Schule ein Studium anzutreten, da ihr Vater am 31. Dezember 1932 sein Geschäft aufgrund der Wirtschaftskrise einstellen musste und es an seinen Bruder Arthur Jordan übergab. Die zusammengelegten beiden Firmen liefen unter dem Namen bereits bestehenden brüderlichen Geschäfts, Geschwister Jordan GmbH. Es handelte sich um ein Manufakturwarengeschäft in der Münsterstr. 41-45. Später äußerte Helga, dass es an sich aber gut war, dass sie keine Ärztin geworden sei, weil sie zwar sehr gut helfen könne, aber kein Blut sehen könne. (Minute 23.34) Im selbigen Geschäft begann Helga Jordan, statt dem gewünschten Studium der Medizin, nun eine kaufmännische Lehre. Diese konnte sie allerdings nicht beenden, da es im Jahr 1933, nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, immer wieder zu Konflikten mit der nichtjüdischen Belegschaft kam, weil Helga die ungleiche Behandlung nicht akzeptierte und

„niemals ein Blatt vor den Mund nahm und auch glaubte als Nichte des Inhabers [ihre] Meinung sagen zu dürfen.“(Zitat Helga Lillie in der Eidesstattliche Erklärung) (3)

Ihr Weg in den Nahen Osten

Durch den Rabbiner Dr. Wilhelm, welcher sowohl ihrer als auch der Lehrer ihres Bruders Hermann Jordan war, sowie durch ihre erste Liebe, eine Ferienbekannschaft, hatte Helga bereits früh einen Zugang zum Grundgedanken des Zionismus und ein Veständnis für dessen Bedeutung für das jüdische Überleben. Diese Relevanz ergibt sich durch die Jahrtausende lange Verfolgung und immer wieder versuchte Auslöschung jüdischen Lebens. Helga beschloss relativ schnell, Deutschland zu verlassen. Sie war vorher "treu deutsch bis in die Knochen", doch mit Hitlers Machtübernahme "war sie keine Deutsche mehr" (Interview Minute 10.29) Im August ging sie nach Lyon, um dort an ihrem ersten Hachschara-Kurs (4) teilzunehmen, mit der Absicht, Grundkenntnisse für die bevorstehende Alija (5), darunter versteht man die Auswanderung und Besiedelung des britischen Mandatgebietes, zu erwerben, wie zum Beispiel Fähigkeiten im land-, hauswirtschaftlichen wie handwerklichen Bereich. Im Februar 1934 lebte sie für einen Monat bei ihren Eltern in die Rheinische Straße. Im Anschluss zog sie nach Groß Glagow, um an einem weiteren Hachschara Kurs, diesmal im landwirtschaftlichen Bereich, teilzunehmen. Nach der Absolvierung des Kurses verbrachte sie den Winter des Jahres 1934 erneut bei ihren Eltern, welche mittlerweile in der Kaiserstraße wohnten. Im Frühjahr 1935 zog sie von ihren Eltern aus nach Köln in das dortige Beth Chaluz (Haus der Pioniere) in der Utherechtstraße. Das Beth Chaluz war das Gemeindehaus der zionistischen Organisation Hechaluz, welche junge Jüdinnen und Juden, bei der Vorbereitung wie Vermittlung, aller möglichen Belange rund um Alija unterstütze. Bei dieser Organisation wartete sie auf ihre Arbeitserlaubnis im zukünftigen Israel. (6) Die Kosten für die Alija betrugen rund 490 Reichsmark, welche ihr Onkel Arthur Jordan übernahm. (7)

Antreten der Alija

Eine Woche, nachdem sie ihre Arbeitserlaubsnis erhalten hatte, emigrierte Helga Lillie am 22.08.1935 schließlich von Dortmund über Köln in das britische Mandatsgebiet Palästina. Bei ihrer Ankunft hatte sie noch 10 Reichsmark von dem Geld ihres Onkels übrig. Wo genau sie bei ihrer Ankunft in Israel zuerst lebte ist nicht bekannt, vermutlich aber in dem Be`er Tuvia, einem Moshav im Süden Israels, von welchem sie und ihr erster Mann Richard später in das Moshav Kfar Warburg zogen.(Interview Minute 50.56 )

Leben und Familie in Israel

Das Leben im Moshav

Helga und ihr erster Mann Richard Danniel Lillie lernten sich bereits in ihrer Vorbereitungszeit im Chaluz kennen. Dort fragte Richard Helga bereits, ob sie ihn heiraten wolle, da er für die Auswanderung nach Israel eine Ehefrau brauche. Dies lehnte sie jedoch ab, weil sie so viel Zeit in die Hashara investierte, dass sie ein eigenes Zertifikat besaß. Dieses zu nutzen und als eigenständige und freie Frau nach Israel zu kommen war ihr sehr wichtig.(Interview Minnute 46.11). Richard kam mit einer fiktiven Ehefrau nach Israel, von welcher er sich bei Ankunft jedoch sofort trennte. Angekommen in Israel trafen sich Helga und Richard wieder, heirateten und schlossen sich gemeinsam der Siedlungsgemeinschaft dem Moshav Be´er Tuvia an, von wo aus sie schließlich in das Moshav Kfar Warburg zogen. Das genaue Umzugsdatum ist nicht bekannt, es ist nur bekannt das sie nach Ende des Krieges in Kwar Warburg lebten. Helga war sehr idealistisch veranlagt und wollte das Land aufbauen. Sie war sich im Voraus jedoch nicht bewusst, wie anstrengend das Leben in dem Moshav sein würde. Sie war unzufrieden und hätte sich auch gerne gelgentlich mit etwas anderem als der Arbeit auf dem Hof beschäftigt, wie zum Beispiel ihrer Leidenschaft, dem Singen nachzukommen. Davon war Richard allerdings nicht begeistert, da dieser sich ausschließlich um den Aufbau und die Instandhaltung des Hofes und der Siedlung kümmerte.(Interview Minute 10.45). Im Moshav lebten sie teilweise 14 Jahre ohne Strom (Interview Minute 24.59 und 21.01 ). Unter diesen schwierigen Bedingungen litt auch ihre Ehe.

Ungefähr 1959 bekam Helga Lillie eine steife Hand, so dass sie nicht mehr auf dem Hof helfen konnte. Sie musste sich umorientieren und begann fortan Englisch zu unterrichten. (Interview Minute 3.39) Im Unterrichten fand Helga etwas, was ihr sehr gut gefiel und was sie bis ins hohe Alter verfolgte. Helga war erstaunt wie anstrengend geistige Arbeit seien konnte und das sie anschließend immer sehr müde war. Richard hatte dafür keinerlei Verständnis, da sie, wie er meinte doch nur Stundenlang auf einem Stuhl saß. (Interview Minute 3.54)

Gemeinsam mit Richard bekam sie zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Die Tochter wurde im Jahr 1937 geboren. Ihr Name war Jardennna, in Anlehnung an Helgas Familiennamen Jordan. Der Sohn von Helga und Richard wurde vermutlich im Jahr 1941 geboren, sein Name ist allerdings nicht bekannt. Helga erwähnte zwar, dass sie und Richard bereits kurz nach ihrer Ankunft in Israel heirateten, eine offizielle Trauung fand allerdings erst viele Jahre später statt. Dafür gab es verschiedene Gründe. Zum einen war Richard offiziell noch mit seiner fiktiven Frau, welche er für die Einreise nach Israel brauchte, verheiratet. Die beiden trennten sich zwar unmittelbar nach ihrer Ankunft in Israel, an eine Scheidung dachten sie damals, aus Kostengründen, jedoch nicht. Für den Rabbiner Dr. Willhelm stellte diese Schein-Ehe jedoch kein Hindernis da, weil sie nur Standesamtlich vollzogen wurde und er traute Richard und Helga dennoch. Dr. Willhelm besaß allerdings keine offizielle Erlaubnis zur Vollziehung von Ziviltrauungen, so das die britische Mandatsregierung diese nicht anerkannte. Erst im Jahr 1950, als ihre Tochter 13 Jahre alt war, fand eine offiziell anerkannte Hochzeit statt. Für diese wollten sie in die Niederlande reisen und die dafür benötigten gültigen Reispässe bekamen sie erst in diesem Jahr. Für die Hochzeit sollten sie die beiden Trauzeugen mitnehmen, welche bei der von dem Rabbiner Dr. Willhelm vollzogen Trauung dabei gewesen waren.(Interview Minute 49.50

Helga und Richards Sohn bekam mit seiner Frau 4 Kinder, 3 Söhne und eine Tochter. Sohn und Schwiegertochter übernahmen zuerst den Hof, führten diesen jedoch nur 5 Jahre, weil die Schwiegertochter nicht im landwirtschaftlichen Bereich arbeiten wollte. Der Sohn arbeitet fortan als Autofachmann. Einige Jahre später ließen er und seine Frau sich scheiden, was Helga große Sorgen bereitete. Helga und Richards Tochter Jardenna hatte 3 Kinder, eine Tochter und zwei Söhne, von denen einer im Jahr 1982 im Libanonkrieg gefallen ist.(Interview Minute 15.50)

Richard Daniel Lillie starb schließlich im Jahr 1979. (Interview Minute 11.53)

Das Leben im Kibbuz

Einige Jahre nach dem Tod ihres ersten Mannes heiratete Helga erneut. Sie heiratete den 6 Jahre älteren Walder Hein, welchen sie bereits seit ihrer Kindheit kannte.(Interview Minute 47.07) Walder Hein und Helga begegneten sich durch einen Zufall in Israel wieder. Als Jardenna ungefähr 2 Jahre alt war, suchte Walder Hein, Helgas ersten Mann Richard auf, um diesen zu bitten, dass Richard sich von der Frau, welche er für die Einreiseerlaubnis geheiratet hatte, offiziell scheiden ließ, da diese Frau nun Walders Bruder Alex heiraten wolle. Eine Hochzeit sei aber erst nach vorheriger Scheidung möglich. Die Kosten für die Scheidung übernahm die Familie Hein. Diese offizielle Scheidung ermöglichte Helga und Richard tatsächlich auch erst die offiziell anerkannte Trauung. ( Interview Minute 48.52) Durch diese zufällige Begegnung ihrer alten bekannten kam es zur Kontaktaufnahme der beiden Familien. Helga kannte nicht nur Walder Hein seid ihrer Kindheit, sondern auch dessen Frau aus ihrer Zeit in Emden. Helga und Richard zogen von Be´er Tuvia in das Moshav Kwar Warburg, welches sich in der Nähe des Kibbuz Giv´at Brenner befindet, in welchem Walder mit seiner Familie lebte. Sie begannen die Familie in regelmäßigen Abständen zu besuchen, unter anderem mit Besuch aus Deutschland, und entwickelten eine enge Freundschaft.(Interview Minute 51.20)

Ein Jahr nach dem Tod ihres ersten Mannes Richard, starb die Frau Walder Heines an Parkinson. Helga war nach dem Tod ihres Mannes selten zu Hause, so dass sie über den Tod nicht informiert werden konnte und die Beerdigung verpasste.

"und das habe ich sehr bedauert, denn immer wenn alles schön war bin ich hin gefahren, also warum nicht zur Beerdigung?" (Zitat Helga Interview Minute 53.38)

Als sie, ungefähr ein Jahr später, von dem Tod der Frau erfuhr, meldete sie sich bei der Tochter Walder Heins. Diese erwähnte, dass ihr Vater bereits nach ihr gefragt hätte. Daraufhin nahm Helga wieder den Kontakt auf. Zwar hatte Helga immer Walder und seine charmante Art zu schätzen gewusst, doch bemerkte sie erst nun die Bewunderung, welche sie im gegenüber empfand, sowie die Verheerung, welche er ihr gegenüber erbachte. Ungefähr im Jahr 1972 heirateten Walder und Helga schließlich, mit dem Einverständnis all ihrer Kinder. (Interview Minute 53.54) Sie zog zu ihm ins Kibbuz Giv´at Brenner. Das Leben im Kibbuz war völlig anders als das von harter Arbeit geprägte Leben im Moshav. Im Kibbuz hatte man Zeit und das wirkte sich enorm auf die Ehe und das Leben aus. Laut eigener Aussage Helgas, war die Zeit im Kibbuz und die Ehe mit Walder, die glücklichste Zeit ihres Lebens. War sie ihr ganzes Leben lang unsicher und hatte kein gutes Selbstbild, gerade in der Schulzeit, fand sie dort ein ganz neues Selbstvertrauen. Endlich konnte sie auch ihrer Leidenschaft dem Singen nachgehen, welche Walder mit ihr teilte und erlernte sogar einen neuen Beruf, die Buchbinderei. (Interview Minute 46.47) Das Leben im Kibbuz und die Ehe mit Walder, dauerte allerdings nur sehr kurze Zeit von ungefähr Ein und einem Dreiviertel Jahr an, weil Walder in Folge von Krebs starb. (Interview Minute 55.10)

Versuch der Auseinandersetzung mit der Shoa

Nach dem Tod ihres zweiten Mannes zog Helga schließlich im Jahr 1985 nach Jerusalem. Sie mochte das Leben im Kibbutz zwar sehr, doch wäre sie dort ganz alleine gewesen. Ihre Tochter Jardenna lebt ebenfalls mit ihrer Familie in Jerusalem. Sie und Helga haben engen Kontakt und sehen sich mindestens einmal in der Woche. (Interview Minute 56.30) In Jerusalem lebt Helga in einem Altersheim, sie war körperlich eingeschränkt doch nutzte sie die ihr dadurch vorhandene Zeit viel zum Nachdenken. Sie dachte über ihr gesamtes Leben nach, über ihr Leben im Moshav und die Unterschiede zu ihrem darauffolgenden Leben im Kibbutz. Besonders intensiv beginnt sie jedoch über ihre ermordeten Verwandten nachzudenken, über den immer schon latent bestehenden Antisemitismus und dessen grausame Zuspitzung in der Shoa. Sie denkt intensiv über das erlebte Leid von Jüdinnen und Juden nach und umso intensiver Helga sich damit auseinandersetzen, umso weniger kann sie dies begreifen.

"Uns Juden, was waren wir groß anders?" (Zitat Helga Lillie Interview Minute 29.50)


Als ihr Bruder Hermann Jordan im Jahr 1965 zurück nach Deutschland ging, hinterließ er ihr die Briefe, welche die Eltern ihnen, in den letzten Jahren ihrs Lebens aus Deutschland,geschrieben hatten. Helga hatte es bis zum Zeitpunkt des Interviews, 25 Jahre später, nicht geschafft die Briefe erneut zu lesen. (Interview Minute 33.09)

Im Jahr 1937 besuchten Albert und Auguste Jordan ihre Tochter Helga Jordan, welche zu diesem Zeitpunkt, genau wie ihr Bruder Hermann, bereits in Palästina lebte. Sie kehrten nach Deutschland zurück, um anschließend mit ihrem Haushalt einzuwandern, mit dem Plan, gemeinsam mit ihren Kindern ein neues Leben im zukünftigen Israel aufzubauen. Dies konnten sie allerdings nicht verwirklichen, weil sie beriets 1938 nicht mehr aus Deutschland ausreisen konnten. Ihre Eltern zurück nach Deutschlang gelassen zu haben, lässt Helga bis ins hohe alter nicht mehr los und sie bezeichnet dies, als die dümmste Entscheidung ihres Lebens.(1)

„Meine Eltern waren noch 1937 bei mir im Land zu Besuch, als meine Tochter geboren wurde, dann sind sie zurück, weil sie wollten doch mit dem Haushalt kommen, 38 konnten sie nicht mehr raus, das sind die schlimmste Dummheit, die wir gemacht haben, wir hätten die Eltern nicht zurückgehen lassen sollen“ Zitat Helga Lillie Interview Minute 28

Weiterführende Literatur, Internetseiten und Belege

Einzelnachweise

1. Helga Lilie, Wohnungseinrichtung der Familie Aaron und Auguste J O R D A N, Tel-Aviv, 31.12.1956, Landesarchiv NRW, Abt. Westfalen, Reg. Arnsberg, Wiedergutmachungen 622011:

2. Gespräch mit Frau Schmeller und Frau Fathe, 2.12.2014, Stadtarchiv Dortmund

3,3,6, 7 Eidesstattliche Erklärung von Helga Lilie geb. Jordan, Tel-Aviv, 24.10.1956, Landesarchiv NRW, Abt. Westfalen, Regierung Arnsberg, Wiedergutmachungen 161180:

4. https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ueber/hachschara Abrufdatum: 27.11.23

5. https://www.wikiwand.com/de/Alija Abrufdatum 27.11.23

6. https://www.ghetto-theresienstadt.de/pages/h/hechaluz.html

8. . RP Arnsberg, Bescheid in der Entschädigungssache der Frau Helga Lilie, geb. Jordan, Arnsberg, 27.08.1957, Landesarchiv NRW, Abt. Westfalen, Regierung Arnsberg, Wiedergutmachungen 161180:

9. https://www.nli.org.il/en/a-topic/987007467987105171 National Libary of Israel, Abrufdatum 04.12.23 mit Linkverweis zu Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Kfar_Warburg Abrufdatum 04.12.23

Internetquellen

Archivalien und Tondokumente