Aaron und Auguste Jordan

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Aaron Albert Jordan

Aaron Jordan wurde am 12.07.1872 in Telgte (Münster) geboren.

Gestorben ist er am 14.12.1942 in Theresienstadt (tschechisch: Terezin).

Familie

Über die genauen Lebensdaten der Eltern, Salomon Jordan und Karoline Schutz, können wir keine gesicherten Aussagen treffen. Wir kennen nur die Geburtsdaten der Söhne: Zwei Jahre nach Aaron wurde Arthur 1874 in Telgte geboren (gest. 1951 Hilversum/ Holland).

Geburtsort Telgte und Leben Aaron Jordans vor der Heirat in Telgte

Die jüdische Gemeinde in Telgte war um 1900 die größte Gemeinschaft jüdischen Glaubens im Kreis Münster.

Ein Speicher, der um 1500 erbaut worden war, wurde 1750 zu einem Fachwerkhaus ausgebaut, so dass er mit einer Fläche von ca. 38 m² der damals kleinen jüdischen Gemeinde bis 1875 als Synagoge und Schule dienen konnte. Um 1842 lag der Anteil der jüdischen Gemeinschaft an der Gesamtbevölkerung des Ortes bei ca. 3,5%. Ab 1848 bzw. 1857 war Telgte Sitz der Synagogengemeinde des Münsterkreises, zu dem noch die Juden in Amelsbüren, Bösensell, Havixbeck, Nottuln, Rinkerode und Wolbeck zählten. 1866 beschloss die Gemeinde wegen der steigenden Mitgliederzahl, eine neue Synagoge zu errichten. Am 05.09.1875 wurde die Synagoge eingeweiht. Das Gebäude konnte allerdings nur ca.10 Jahre von der Gemeinschaft finanziert werden. Zwischen 1877-1886 führte die jüdische Gemeinde eine Privatschule. Nachdem die Schule nicht mehr finanziert worden konnte, mussten die jüdischen Kinder auf die dortige Ortsschule gehen. Wir können also vermuten, dass Aaron und sein Bruder die Chance hatten, die jüdische Schule zu besuchen, und auch schon ein von der neuen Synagoge geprägtes Gemeindeleben erlebten.¹

Auguste Jordan

Auguste Jordan wurde am 17.10.1875, unter dem Familiennamen Silberschmidt, in Lingen (Niedersachsen) geboren. Gestorben ist sie am 06.05.1943 in Theresienstadt (tschechisch: Terezin).

Familie

Ihr Vater war Hermann Hartog Silberschmidt [geb. am 06.04.1846 in Hengelo (Holland), gest. am 10.12.1922 in Theresienstadt]. Ihre Mutter Henriette van der Wall war auch bekannt unter dem Namen "Wal Walde". Geboren wurde sie am 13.10.1841, gestorben ist sie am 07.04.1933. Zusammen hatten die Eheleute Silberschmidt vier Töchter: Rosa Silberschmidt, Auguste Jordan, Fanny Malie Silberschmidt und Minna Silberschmidt.²

Leben vor der Heirat in Lingen

In Augustes Heimatstadt Lingen lebten Mitte des 19. Jahrhunderts um die 2757 Menschen, von denen nur 15 jüdischen Glaubens waren. Dementsprechend gab es eine überwiegend christliche Bevölkerung. Aufgrund der prosperierenden wirtschaftlichen Entwicklung nahm die Einwohnerzahl in der Folge deutlich zu: Im Jahr 1895 zählte die Stadt 6733 Einwohner, wovon 122 Juden waren.³

Im Jahr 1878 war der Vater von Auguste Silberschmidt im Synagogenbauverein der niedersächsischen Stadt aktiv.Im gleichen Jahr wurde in der Stadt Lingen die Synagoge eingeweiht. Die Juden in Lingen verdienten ihren Lebensunterhalt in der Regel mit dem Schlachtgewerbe, dem Viehhandel, dem Handel mit Rohprodukten (Wolle, Felle).

Die jüdischen Kinder wurden in den 1870er Jahren anfangs im Gebetsraum des Gemeindemitglieds Isaak Friedland unterrichtet. 1878 entstand ein separates Schulgebäude. Da die Aussagen über die Dauer des Schulbetriebs sich widersprechen, bleibt unklar, ob Auguste diese Schule besucht hat.

Ihr Sohn Hermann Jordan berichtete in der eidesstaatlichen Erklärung 1958 (im Rahmen der Wiedergutmachung - eigene Erklärung verlinken) davon, dass Auguste die Volksschule in Lingen a.d. Ems oder in Emden besuchte. Nach der Schule machte Sie seinen Aussagen zu Folge eine kaufmännische Ausbildung in der Textilfirma Gumperz in Emerich a/Rh. und arbeitete anschließend als Verkäuferin bei der Konfektionsfirma Löwenstein & Freudenthal in Hildesheim, bis zu ihrer Heirat. Diese Arbeit gab sie auf bei ihrer Heirat [Exzerpte 1.2]

Wohn- und Lebenssituation der Familie Jordan vor der Arisierung

Geheiratet haben Aaron und Auguste im Jahr 1904 [laut Aussage Hermann Jordans, s. Exzerpte]; ihrer Ehe entstammten drei Kinder: Paul (12.9.1906), Hermann (7.8.1907) und Helga (24.3.1912).Wir kennen das Hochzeitsdatum nicht. Wegen der damals hohen Kindersterblichkeit – auch in bürgerlichen Verhältnissen – ist ein Datum der Hochzeit spekulativ, das Paar könnte auch schon vor 1906 mehrere Kinder verloren haben, bevor die drei bekannten Kinder geboren wurden. Direkt über dem Familiengeschäft an der Rheinischen Straße 56 lag die Wohnung der Familie Jordan. Das Ehepaar Auguste und Aron Jordan lebte dort von 1905 bis 1934, alle drei Kinder der Familie wuchsen somit in der Rheinischen Str. auf.

Aus der Aufstellung lässt sich ersehen, dass die Jordans bis dahin einen modernen, bürgerlichen und gut ausgestatteten Haushalt führten. Zur Kücheneinrichtung gehörten z.B. ein Kühlschrank und eine Eismaschine. Im Bad befand sich eine Waschgarnitur aus Marmor mit fließendem Wasser. Ihre Wohnung bestand aus: Salon, Wohnzimmer, Herrenzimmer, Erker, Schlafzimmer der Eltern und zwei weiteren Schlafzimmern, Küche, Badezimmer, Flur und einem Schlafzimmer für das Dienstpersonal. Man kann ihren Lebensstil fast großbürgerlichen nennen. Eine passende Beschreibung der Lebensformen westeuropäischer, insbesondere deutscher Juden um 1900 gibt die Historikerin Paula Kienzle: „Bürgerlicher Lebensstil und die dazu gehörigen Werte werden von vielen jüdischen Familien zielstrebig und konsequent übernommen und umgesetzt. So entsteht allmählich ein so genanntes säkulares oder assimiliertes Judentum. Das heißt: Die geschichtliche und kulturelle Zugehörigkeit zum Judentum wird noch anerkannt, jedoch wird auf die dazu gehörige Ausübung der Religion nach außen hin immer mehr verzichtet.“ Zu diesem assimilierten Judentum gehörte oft auch eine starke Identifikation mit dem Nationalen und dem Vaterland. Laut der Tochter Helga Lilie-Jordan war der Haushalt zwar koscher, aber die Eltern waren relativ liberal eingestellt; Kontakt zu religiöseren Verhaltensweisen hatte die Kinder eher über die Großeltern. Dennoch führte die Familie ein reiches soziales Leben, mit vielen Kontakten auch durch die Mitgliedschaft in einer christlich-jüdischen Loge – 1933 setzt dem ein Ende. Insgesamt charakterisiert Helga Jordan ihre Eltern als „deutsch, deutsch!“

Ebenfalls in den Aussagen zur Wiedergutmachung gibt Hermann Jordan nach dem Krieg folgendes über die gehobene Wohnsitutuation der Familie zu Protokoll:

„[…].Mir ist die Aufstellung meiner Schwester Helga Lilie geb. Jordan vom 31. Dezember 1956 über das Mobiliar meiner Eltern sowie über den sonstigen Hausrat, insbesondere Porzellan und Kristall sowie Silbersachen bekanntgegeben. Ich selbst habe Deutschland bereits 1934 verlassen und bin erst 1953 zum erstenmal wieder in Deutschland gewesen.  Zu der Wohnungseinrichtung meiner Eltern erkläre ich:

I. Salon und II. Wohnzimmer. Diese beiden Zimmer sind etwa 1904/05 anläßlich der Verheiratung meiner Eltern in Dortmund bei dem damals führenden Möbelhaus Hüllen, Dortmund, Ostenhellweg, angeschafft worden. Es waren schwere, massive Möbel. Über die in diesen beiden Räumen befindlichen Teppiche kann ich nur sagen, daß sie bedeutend später angeschafft worden sind, und zwar als Ersatz für die ursprünglich vorhanden gewesenen Teppiche. Es waren echte Stücke. Alle Teile dieser beiden Zimmer waren bei meiner Auswanderung noch sehr gut gepflegt und erhalten. Ich bin der Ansicht, daß der Salon, wie er damals stand, noch einen Wert von annähernd RM 6.000.-- hatte, während das Wohnzimmer noch etwa RM 4.000.-- wert war.

Das in der Aufstellung vom 31.12.1956 unter III. aufgeführte Herrenzimmer ist nach meiner Erinnerung erst im Jahre 1926 angeschafft worden. Es handelte sich auch hierbei um schwere Eichenmöbel in gediegener Ausführung. Der Perserteppich und die Brücke waren ebenfalls echte Stücke. Nach meiner Ansicht hatte z.Zt. meiner Auswanderung im Jahre 1934 diese Zimmereinrichtung einen Wert von etwa RM 5.000.--.

Die unter IV. aufgeführte Erkereinrichtung schätze ich auf RM 100.-- z.Zt. meiner Auswanderung. [1]

Das unter V aufgeführte Schlafzimmer ist bereits im Jahre 1904/05 angeschafft worden. Es war Kirschenholz und sehr schwer und gediegen. Ich schätze den Wert dieses Zimmer z.Zt. meiner Auswanderung auf etwa 3.000.--.

Das unter VI genannte Schlafzimmer in weissem Schleiflack war erst etwa 1928 angeschafft worden und hatte 1934 einen Wert von etwa RM 800.--.

Das weitere unter VII aufgeführte Schlafzimmer war ebenfalls in weissem Schleiflack und auch etwa im Jahre 1928 angeschafft. Der Wert war 1934 etwa RM 500,--.

Die unter VIII benannte Küche war auch in weissem Schleiflack gehalten. Mit Einschluß des Kühlschrankes und des großen kombinierten Kohlen-Gasofens schätze ich sie auf etwa RM 1.000,--. Ansich waren die Küchenmöbel schon 1904/05 angeschafft worden, jedoch waren die beiden wertvollen Stücke, nämlich der Kühlschrank und der kombinierte Kohlen-Gasofen, erst später, und zwar bestimmt nach dem ersten Weltkrieg, hinzugekauft worden.

Das Badezimmer (IX) hatte mein Vater 1928 vollkommen neu einrichten lassen, so daß der Wert des eingebauten Inventars auf etwa RM 1.000,-- anzusetzen ist.

Flurgarderobe (X) ist mit RM 150.-- anzusetzen.

Die Beleuchtungskörper (XI) sind im Laufe der Ehe meiner Eltern immer wieder erneuert worden. Die letzten Anschaffungen sind etwa 1926 bis 1928 gemacht worden. Der Gesamtwert dürfte für das Jahr 1934 mit RM 1.000,-- anzusetzen sein.

Der unter XII aufgeführte Hausrat war sehr wertvoll. Meine Eltern legten zu allen Zeiten besonderen Wert darauf, gerade bei ihrem Geschirr und ihren Silbersachen nur das Beste zu haben. Ich schätze den Wert aller dieser Sachen auf etwa RM 4.000,--.

Das Inventar des Mädchenzimmers ist mit etwa RM 200.-- anzusetzen.

Ich möchte abschliessend bemerken, daß der Besitz meiner [2] Eltern hinsichtlich des vorgenannten Mobiliars etc. auch im Jahre 1932, als mein Vater sein Geschäftaufgeben mußte, unverändert blieb, da er in der damaligen Zeit eben durch meinen Onkel Arthur Jordan in großzügiger Weise unterstützt wurde.“

(FN Eidesstattliche Versicherung von Hermann Jordan, Köln, 17.12.1958, Landesarchiv NR]W, Abt. Westfalen, Reg. Arnsberg, Wiedergutmachungen 622011)

Jordan, A & Co. Damenputz, Mode- und Manufakturwaren

A. Jordan & Cie., Inh. Aaron Jordan, angegebener Geschäftszweck: Verkauf von Kurz-. Weiß- und Wollwaren, Putzgeschäft, Rheinische Straße 56, es bestand von 1905 bis 31.12.1932. (laut Aussage von Luise Müller, von 1917 bis 1928 angestellt als Putzverkäuferin, hatte das Geschäft einen guten Umsatz und genoss einen dementsprechenden Ruf)


Nach der Heirat arbeitet Auguste im Geschäft der Familie Jordan als selbstständige Leitung der Abteilung für Damen Putz- und Modewaren, inkl. Einkauf; während des 1. Weltkriegs alleinige Leitung des Geschäftes. (Weil Aron zu der Zeit eingezogen wurde)


- Nach 1919 f. wurden im Rahmen der Hungerunruhen, Textilgeschäfte geplündert u.a. Jordan. (Jordan, A & Co. Damenputz, Mode- und Manufakturwaren, Rheinische Straße 56, nach Angaben von Freunden „Gardinen“)

- Ab 01.02.1932 übernahm der Bruders, Arthur Jordan, das Geschäft, gemeinsam mit seinem Geschäft in der Münsterstraße wurde es unter veränderter Firmenbezeichnung weiter geführt: Firma Jordan, Geschw., Inh. Arthur Jordan, Verkauf von Kurz-, Weiß und Wollwaren, Putzgeschäft, Geschäftslokal Dortmund, Münsterstraße 41-45 und Rheinische Straße 56.

- Daraufhin arbeitet Auguste Jordan nur noch als Angestellte im Geschäft „Jordan, Geschw., Inh. Arthur Jordan“ in der Rheinischen Straße 56. [alle Angaben von Hermann Jordan in einer eidesstattlichen Erklärung, 1958]


- Ende 1933 ging das Geschäft in der Rheinischen Straße 56 im Rahmen der Arisierung laut Aussage von Hermann Jordan [eidesstattliche Erklärung, 1958] auf die Firma Küster & Kempkes über, während Arthur Jordan sein Geschäft „Geschwister Jordan“ noch bis 1935 weiterführte. Daraufhin lebten sie vom 01.10.1934 bis 18.09.1937 in der Kaiserstraße 29.

- Daraufhin bestritten sie den Lebensunterhalt durch eine Unterstützung von RM 150, die sie von einem nahen Verwandten erhielten [wahrscheinlich Arthur Jordan]

- evtl. besaß Arthur Jordan noch Geschäftslokale in anderen Städten, laut Zeugenaussage eines Herrn Müller (s. Schreiben des Schutzbereich VI in Castrop-Rauxel, Betr.: BEG-Antrag des Hermann Jordan), der Hermann Jordan die Werkstatt vermietet hatte, habe Müller sich die restliche Miete von Vater des Hermann Jordan abgeholt, der „hier im Ortsteil Habinghorst [Castrop] ein Textilgeschäft hatte.

vom 18.09. bis 16.12.1937 lebten sie in der Dreihüttenstraße 8,

vom 16.12.1937 bis zum 21.09.1938 in der Gutenbergstraße 23,

- Aron Jordan wurde im November 1938 im Anschluss an die Pogromnacht von der Gestapo mehrere Tage in „Schutzhaft“ genommen.

vom 21.09.1938 bis zum 13.12.1939 in der Bismarckstraße 40, (Wahrscheinlich waren die vielen Wohnortwechsel nötig, weil es finanzielle Probleme gab (Erst wegen Weltwirtschaftskrise, dann NS- Zeit)

- 1939 arbeitet Aaron Jordan als einfacher Lagerarbeiter mit einem Verdienst von ca. RM 30

vom 13.12.1939 an in der Arndtstraße 66/ Judenhaus (Laut Verzeichnis der Jüdischen Kultusvereinigung „Jüdische Religionsgemeinde Dortmund“) (So wie es Aussieht, weil sie dahin ziehen mussten -> keiner ist freiwillig in ein Judenhaus gezogen)

- Aaron und Auguste Jordan haben im Jahr 1939 aus dem Verkauf von Möbelstücken und der Ablieferung von Silbersachen RM 400,- erhalten ¹⁰

- laut Abschrift einer Ablieferungsquittung der Städtischen Leihanstalt Dortmund vom 23.03.1939 erhielt Aaron Jordan für Silber und Bruchgold RM 54

Leben in Theresienstadt

Juli 1942 August und Aaron Jordan werden aufgefordert sich am 27. Juli im Sammellager im Saal der Gaststätte „Zur Börse“ in der Steinstr. 35 zu melden. Dort und in den Ställen des damaligen Viehmarktes verbrachte das Ehepaar seine letzten Tage in Dortmund, bevor sie am 29. Juli vom damaligen Dortmunder Südbahnhof verschleppt wurden mit dem Fahrtziel Theresienstadt. Aaron Jordan ist nun 70 und Auguste Jordan 67 Jahre alt.


Der Zug verließ mit 968 Personen, davon 315 Dortmundern, am 29. Juli um 13.30 Dortmund (Transport X/1) und brauchte für die Fahrt über Kassel und Dresden 20 Stunden bis zum Bahnhof Bauschowitz. Dort wurden am 30. Juni die z.T. sehr alten und kranken Menschen aus den Waggons herausgeprügelt und zum mehrstündigen Fußmarsch nach Theresienstadt gezwungen.

Das amtliche Schreiben der Staatspolizeileitstelle Dortmund vom 17.7.1942 beginnt nach dem üblichen Briefkopf eines Amtsschreibens mit:

1) Am 29.7.1942 werden sämtliche alte und gebrechliche Juden aus dem Regierungsbezirk Arnsberg in das Altersghetto Theresienstadt abgeschoben. (…) 

3 d) Die Juden dürfen mitnehmen:

1) 50,- RM in Reichsbanknoten,

2) 1 Koffer oder Rucksack mit Bekleidungs- und Wäschestücken, Bettzeug mit Decken und Matratzen [keine Federbetten]

3) Haushaltsgegenstände und Werkzeuge, Eimer, Töpfe, Essgeschirre, Reinigungsgegenstände, Nähmaschinen usw.

4) Lebensmittel, soweit die Juden noch Vorräte besitzen.“(FN Fischer , S.231-232) (Realien)

Die jüdische Gemeinde schickt Schreiben, in denen sie die „Transporteilnehmer“ auffordert, mindestens 25% ihrer Barmittel auf das Konto W bei der Deutschen Bank zu überweisen (Geld, was tatsächlich der Gestapo und nicht der Reichsvereinigung der Juden zufloss) und „in reinlichem Zustande, insbesondere mit gepflegtem und geschnittenem Haar“ im Sammellager zu erscheinen. (FN Fischer , S.236-238)


Ab Sommer 1942 Auguste und Aaron Jordan in Theresienstadt.

Männer wurden in den meisten Fällen von den Frauen getrennt untergebracht und es ist fraglich, ob Jordans altersbedingt, deswegen wohl auch nicht mehr arbeitsfähig, und aufgrund ihrer Nichtzugehörigkeit zum Kreis der ‚Privilegierten‘ (z.B. sehr bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens) irgendwelche Vergünstigungen genossen haben – ihr Leben wird in Theresienstadt durch Entbehrung und Krankheit geprägt gewesen sein. Definition nach Wolfgang Benz (Benz, S. 11): „Theresienstadt war als Ghetto eine Station der ‚Endlösung der Judenfrage‘ und es hatte außerdem die Funktion die Welt über die Absichten des Nationalsozialismus zu täuschen.“

Bereich Wohnen Wohnfläche laut dem Bericht des Augenzeugen und Soziologen H.G. Adler(320-342): für August 1942:

1,6 m² pro Person 

Es gab oft keine Waschmöglichkeiten, schlechte Gemeinschaftsklos, fehlende Abfallentsorgung Stockbetten, wenig Stauraum, daraus resultierten Probleme mit Wanzen, Fliegen, Ratten; zu der Standardausrüstung in einem von vielen Menschen bewohnten Raum gehörte: Bett, Eisenofen, manchmal, aber eher selten ein Tisch mit Sitzmöglichkeiten, Nägel zum Aufhängen, Besen, Schaufel und Abfallkiste; die Beleuchtung war rationiert. Es drohte dann auch immer noch der Weitertransport (Lieder mit Thema Trennung) vs. Humor: Terezin-Lied; Zusätzlich sollten viele der Inhaftierten von 400 bis 600 Kalorien pro Tag leben, die zudem nicht aus nahrhaften Lebensmitteln bestanden (Fett fehlte weitestgehend), diese Unterernährung traf besonders sehr Alte und Kranke, Zusatzrationen gingen nur an Arbeitsfähige. Außerdem gab es bei der Essensausgabe viele Ungerechtigkeiten, die wieder die Schwachen trafen.

Für Jordans kam noch erschwerend hinzu, dass Deutsche bei der tschechischen Gendarmerie, die das Ghetto bewachte, noch bei den osteuropäischen Mithäftlingen nicht sehr beliebt waren. (Fischer, 216)


Ende 1942/1943 Todesdaten: Für Aaron ist das Martyrium bereits nach einem halben Jahr beendet (14.12.1942), Auguste Jordan lebt noch bis zum nächsten Sommer (6.5.1943).

Weiterführende Literatur, Internetseiten und Belege

Einzelnachweise

[1] http://www.erinnerung-und-mahnung.de/

http://www.jüdische-gemeinden.de/

[2] https://www.geni.com/people/Hermann-Silberschmidt/6000000032900819588

Stammbaum Familie Jordan

[3] https://www.lingen.de/tourismus-freizeit-kultur/stadtarchiv/lingener-stadtgeschichte-erleben/die-juedische-familie-aron-markreich-lingen-ems.html

[4] https://www.emsland.com/urlaub/sehenswertes/details/gedenkort-juedische-schule/

[5] https://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/k-l/1202-lingen-ems-niedersachsen

[6] https://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/-23095827

[7] Kienzle, 2008, S.149.

[8] Eidesstattliche Versicherung von Hermann Jordan, Köln, 17.12.1958, Landesarchiv NRW, Abt. Westfalen, Reg. Arnsberg, Wiedergutmachungen 622011

[9] Interview Helga Lilie 1990

[10] United Restitution Organisation aus dem Jahre 1960

Internetseiten

Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum www.jüdische-gemeinden.de:

- Lingen
- Telgte
- Informationen über den Autor der Seite Klaus-Dieter Alicke

Gedruckte Informationen / Archivalien

Katja Galinski / Christiane Müller / Kerstin Lutzer, Die Erinnerungen der Clara Geissmar – ein Frauenleben im 19. Jahrhundert, Studierendenprojekt Unterrichtsmaterialien zur jüdischen Emanzipation in Baden, Heidelberg o.J.; abrufbar unter: http://www.hfjs.eu/md/hfjs/juedische_emanzipation/geissmar_gesamtpaket.pdf; Zugriff: 16.5.2022.

Paula Kienzle, Spuren sichern für alle Generationen: Die Juden in Rottenburg im 19. und 20. Jahrhundert, Münster 2008.

Ludwig Remling, Die jüdische Familie Aron Markreich in Lingen (Ems), in: Emsländische und Bentheimer Familienforschung, Nov. 2011, Heft 112, Bd. 22, S. 229-232; abrufbar unter: https://www.lingen.de/tourismus-freizeit-kultur/stadtarchiv/lingener-stadtgeschichte-erleben/die-juedische-familie-aron-markreich-lingen-ems.html.

Oral history