Helga Jordan (SEK): Unterschied zwischen den Versionen

Aus History-GO
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 23: Zeile 23:
 
<br>Helga Jordan hatte ursprünglich den Wunsch, Ärztin zu werden, es war ihr jedoch nicht möglich nach der Schule ein Studium anzutreten, da ihr Vater am 31. Dezember 1932 sein Geschäft aufgrund der Wirtschaftskrise einstellen musste und es an seinen Bruder  Arthur Jordan übergab. Die zusammengelegten beiden Firmen liefen unter dem Namen bereits bestehenden brüderlichen Geschäfts, Geschwister Jordan GmbH. Es handelte sich um ein Manufakturwarengeschäft in der Münsterstr. 41-45. Später äußerte Helga, dass es an sich aber gut war, dass sie keine Ärztin geworden sei, weil sie zwar sehr gut helfen könne, aber kein Blut sehen könne.  (Minute 23.34)
 
<br>Helga Jordan hatte ursprünglich den Wunsch, Ärztin zu werden, es war ihr jedoch nicht möglich nach der Schule ein Studium anzutreten, da ihr Vater am 31. Dezember 1932 sein Geschäft aufgrund der Wirtschaftskrise einstellen musste und es an seinen Bruder  Arthur Jordan übergab. Die zusammengelegten beiden Firmen liefen unter dem Namen bereits bestehenden brüderlichen Geschäfts, Geschwister Jordan GmbH. Es handelte sich um ein Manufakturwarengeschäft in der Münsterstr. 41-45. Später äußerte Helga, dass es an sich aber gut war, dass sie keine Ärztin geworden sei, weil sie zwar sehr gut helfen könne, aber kein Blut sehen könne.  (Minute 23.34)
 
Im selbigen Geschäft begann Helga Jordan, statt dem gewünschten Studium der Medizin, nun eine kaufmännische Lehre. Diese konnte sie allerdings nicht beenden, da es im Jahr 1933, nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, immer wieder zu Konflikten mit der nichtjüdischen Belegschaft kam, weil Helga die ungleiche Behandlung nicht akzeptierte und  
 
Im selbigen Geschäft begann Helga Jordan, statt dem gewünschten Studium der Medizin, nun eine kaufmännische Lehre. Diese konnte sie allerdings nicht beenden, da es im Jahr 1933, nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, immer wieder zu Konflikten mit der nichtjüdischen Belegschaft kam, weil Helga die ungleiche Behandlung nicht akzeptierte und  
 
+
<br> 
 
<br>„niemals ein Blatt vor den Mund nahm und auch glaubte als Nichte des Inhabers [ihre] Meinung sagen zu dürfen.“(Zitat Helga Lillie in der Eidesstattliche Erklärung) (3)
 
<br>„niemals ein Blatt vor den Mund nahm und auch glaubte als Nichte des Inhabers [ihre] Meinung sagen zu dürfen.“(Zitat Helga Lillie in der Eidesstattliche Erklärung) (3)
  

Version vom 17. Dezember 2023, 20:48 Uhr

Vermutlich Helga Jordan (roter Kreis)

Lebensdaten

Helga Jordan wurde am 24.03.1912 in Dortmund als Tochter von Albert Aaron Jordan und Auguste Jordan geboren. Die Familie Jordan gehörte der jüdischen Gemeinde Dortmund an.

Ihre Eltern betrieben ein Textilgeschäft in der Rheinischen Straße. In derselben Straße, im Haus Nummer 56, wohnte die Familie und wuchs Helga Jordan auf, bis sie im Jahr 1934 unter Druck des NS-Regimes in eine kleinere Wohnung in der Adlerstraße ziehen mussten.

Im Jahr 1937 besuchten Albert und Auguste Jordan ihre Tochter Helga Jordan, welche zu diesem Zeitpunkt, genau wie ihr Bruder Hermann, bereits in Palästina lebte. Sie kehrten nach Deutschland zurück, um anschließend mit ihrem Haushalt einzuwandern, mit dem Plan, gemeinsam mit ihren Kindern ein neues Leben im zukünftigen Israel aufzubauen. Dies konnten sie allerdings nicht verwirklichen, weil sie beriets 1938 nicht mehr aus Deutschland ausreisen konnten. (1)

„Meine Eltern waren noch 1937 bei mir im Land zu Besuch, als meine Tochter geboren wurde, dann sind sie zurück, weil sie wollten doch mit dem Haushalt kommen, 38 konnten sie nicht mehr raus, das sind die schlimmste Dummheit, die wir gemacht haben, wir hätten die Eltern nicht zurückgehen lassen sollen“ Zitat Helga Lillie Interview Minute 28 
Image002.png
005.png

Ausbildung

Helga Jordan „besuchte 3 Jahre die Vorschule, dann das Städtische Schillerlyzeum und schliesslich die Realgymnasial-Studienanstalt des Schillerlyzeums in Dortmund.“ ( Zitat Helga Lillie in der Eidesstattlichen Erklärung) (2) Dort absolvierte sie am 08. März 1932 die sogenannte Reifeprüfung, zu vergleichen mit dem heutigen Abitur. Ihre Lieblingsfach war Englisch, später spielte sie auch sehr gerne Scrabble in Englisch. (Interview Minute 2.30)
Helga Jordan hatte ursprünglich den Wunsch, Ärztin zu werden, es war ihr jedoch nicht möglich nach der Schule ein Studium anzutreten, da ihr Vater am 31. Dezember 1932 sein Geschäft aufgrund der Wirtschaftskrise einstellen musste und es an seinen Bruder Arthur Jordan übergab. Die zusammengelegten beiden Firmen liefen unter dem Namen bereits bestehenden brüderlichen Geschäfts, Geschwister Jordan GmbH. Es handelte sich um ein Manufakturwarengeschäft in der Münsterstr. 41-45. Später äußerte Helga, dass es an sich aber gut war, dass sie keine Ärztin geworden sei, weil sie zwar sehr gut helfen könne, aber kein Blut sehen könne. (Minute 23.34) Im selbigen Geschäft begann Helga Jordan, statt dem gewünschten Studium der Medizin, nun eine kaufmännische Lehre. Diese konnte sie allerdings nicht beenden, da es im Jahr 1933, nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, immer wieder zu Konflikten mit der nichtjüdischen Belegschaft kam, weil Helga die ungleiche Behandlung nicht akzeptierte und

„niemals ein Blatt vor den Mund nahm und auch glaubte als Nichte des Inhabers [ihre] Meinung sagen zu dürfen.“(Zitat Helga Lillie in der Eidesstattliche Erklärung) (3)

Ihr Weg in den Nahen Osten

Durch den Rabbiner Dr. Wilhelm, welcher sowohl ihrer als auch der Lehrer ihres Bruders Hermann Jordan war, sowie durch Helgas erste Liebe, eine Ferienbekannschaft, hatte sie bereits früh einen Zugang zum Grundgedanken des Zionismus und ein Veständnis für dessen Bedeutung für das jüdische Überleben. Diese Relevanz ergibt sich durch die Jahrtausende lange Verfolgung und immer wieder Auslöschung jüdischen Lebens. Helga beschloss relativ schnell, Deutschland zu verlassen. Sie war vorher "treu deutsch bis in die Knochen", doch mit Hitlers Machtübernahme "war sie keine Deutsche mehr" (Interview Minute 10.29) Im August ging sie nach Lyon, um dort an ihrem ersten Hachschara-Kurs (4) teilzunehmen, mit der Absicht, Grundkenntnisse für die bevorstehende Alija (5), darunter versteht man die Auswanderung und Besiedelung des britischen Mandatgebietes, zu erwerben, wie zum Beispiel Fähigkeiten im land-, hauswirtschaftlichen wie handwerklichen Bereich. Im Februar 1934 lebte sie für einen Monat bei ihren Eltern in die Rheinische Straße. Im Anschluss zog sie nach Groß Glagow, um an einem weiteren Hachschara Kurs, diesmal im landwirtschaftlichen Bereich, teilzunehmen. Nach der Absolvierung des Kurses verbrachte sie den Winter des Jahres 1934 erneut bei ihren Eltern, welche mittlerweile in der Kaiserstraße wohnten. Im Frühjahr 1935 zog sie von ihren Eltern aus nach Köln in das dortige Beth Chaluz (Haus der Pioniere) in der Utherechtstraße. Das Beth Chaluz war das Gemeindehaus der zionistischen Organisation Hechaluz, welche junge Jüdinnen und Juden, bei der Vorbereitung wie Vermittlung, aller möglichen Belange rund um Alija unterstütze. Bei dieser Organisation wartete sie auf ihre Arbeitserlaubnis im zukünftigen Israel. (6) Die Kosten für die Alija betrugen rund 490 Reichsmark, welche ihr Onkel Arthur Jordan übernahm. (7)

Antreten der Alija

Eine Woche, nachdem sie ihre Arbeitserlaubsnis erhalten hatte, emigrierte Helga Lillie am 22.08.1935 schließlich von Dortmund über Köln in das britische Mandatsgebiet Palästina. Bei ihrer Ankunft hatte sie noch 10 Reichsmark von dem Geld ihres Onkels übrig. Wo genau Helga Lillie die ersten Jahre im zukünftigen Israel lebte ist nicht bekannt, vermutlich aber in der Region, der späteren Moschav-Siedlung Kfar Warburg, welche 1939 offiziell gegründet wurde. (8) (9)

Leben und Familie in Israel

Nach Ende des Krieges lebte Helga Jordan in dem Moshav Kfar Warburg, 8 Beer Tunia. Vermutlich lebte sie dort seit ihrer Ankunft in Israel und traf dort auch auf ihren zukünftigen Mann, Richard Daniel Lillie, welchen sie bereits aus der Vorbereitungszeit, der Hashara, kannte. Gemeinsam mit ihm bewirtschaftete sie einen Hof und lebte in der Siedlungsgemeinschaft. Sie war sehr idealistisch und wollte das Land aufbauen, war sich im Voraus jedoch nicht bewusst wie anstrengend das Leben in dem Moshav seien würde. Sie war unzufrieden und hätte sich auch gerne mal mit etwas anderem , als der Arbeit auf dem Hof beschäftigt, wie zum Beispiel ihrer Leidenschaft dem singen nachzukommen. Davon war Richard allerdings nicht begeistert, da dieser sich ausschließlich um den Aufbau und der Innstandhaltung des Hofes und der Siedlung kümmerte.(Interview Minute 10.45). Im Moshav lebten sie teilweise 14 Jahre ohne Strom (Interview Minute 24.59 und 21.01 ). Unter diesen schwierigen Bedingungen litt auch ihre Ehe. Ungefähr 1959 bekam Helga Lillie eine steife Hand, so dass sie nicht mehr auf dem Hof helfen konnte. Sie musste sich umorientieren. und begann fortan Englisch zu unterrichten. (Interview Minute 3.39) Im Unterrichten fand Helga etwas, was ihr sehr gut gefiel und was sie bis ins hohe Alter verfolgte. Gemeinsam mit Richard bekam sie zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Die Tochter wurde im Jahr 1937 geboren. Ihr Name war Jardennna, in Anlehnung an Helgas Familiennamen Jordan. Der Sohn von Helga und Richard wurde vermutlich im Jahr 1941 geboren, sein Name ist allerdings nicht bekannt. Helga Jordan und Richard Daniel Lilie heiratet wohl erst gegen 1950, als ihre Tochter 13 Jahre alt war, da sie für die Hochzeit in die Niederlande reisen wollten und für die Reise gültige Pässe benötigen. Es fand bereits vorher eine Hochzeit in Israel statt, welche von ihrem Rabbiner Dr. Willhelm vollzogen wurde, dieser hatte jedoch keine offizielle Erlaubnis, so dass die Hochzeit nicht von der britischen Mandatsregierung anerkannt wurde. (Interview Minute 49.50)

Helga und Richards Sohn bekam mit seiner Frau 4 Kinder, 3 Söhne und eine Tochter. Sie übernahmen zuerst den Hof, hielten diesen jedoch nur 5 Jahre, weil seine Frau nicht im landwirtschaftlichen Bereich arbeiten wollte. Der Sohn arbeitet fortan als Autofachmann. Einige Jahre später ließen er und seine Frau sich scheiden, was Helga große sorgen bereitete. Helga und Richards Tochter Jardenna hatte 3 Kinder, eine Tochter und zwei Söhne, von denen einer im Jahr 1982 im Lybanonkrieg gefallen ist.(Interview Minute 15.50)

Richard Daniel Lillie starb schließlich im Jahr 1979 (Interview Minute 11.53)

Einige Jahre nach dem Tod ihres ersten Mannes heiratete Helga erneut. Ihren 2 Mann kannte sie schon seit der Zeit im Chaluz. Ihr Mann musste für die Auswanderung nach Israel eine Ehefrau haben und deshalb fragte er Helga, ob sie sich nicht vorstellen könne ihn zu heiraten. Dies lehnte sie damals jedoch ab, da sie sich zum einen nicht vorstellen konnte einen 6 Jahre älteren Mann zu heiraten und zum anderen so viel Zeit mit der Vorbereitung verbracht hatte, dass es ihr sehr wichtig war eigenständig und als freie Frau zu kommen.(Interview Minnute 46.11)


Quellennangaben

1, 2,3,6, 7 Eidesstattliche Erklärung von Helga Lilie geb. Jordan, Tel-Aviv, 24.10.1956, Landesarchiv NRW, Abt. Westfalen, Regierung Arnsberg, Wiedergutmachungen 161180:

4. https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ueber/hachschara Abrufdatum: 27.11.23

5. https://www.wikiwand.com/de/Alija Abrufdatum 27.11.23

6. https://www.ghetto-theresienstadt.de/pages/h/hechaluz.html

8. . RP Arnsberg, Bescheid in der Entschädigungssache der Frau Helga Lilie, geb. Jordan, Arnsberg, 27.08.1957, Landesarchiv NRW, Abt. Westfalen, Regierung Arnsberg, Wiedergutmachungen 161180:

9. https://www.nli.org.il/en/a-topic/987007467987105171 National Libary of Israel, Abrufdatum 04.12.23 mit Linkverweis zu Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Kfar_Warburg Abrufdatum 04.12.23