Liesel Neugarten

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Lebensdaten

Liesel Neugarten wurde als Tochter von Max Neugarten und Johanna Stern am 25. Dezember 1933 geboren. Ihre Familie war jüdisch und lebte zu diesem Zeitpunkt in Dortmund.

Kindheit

Von Liesel Neugarten gibt es kein Bild

Der Geburtstag der Tochter in der ersten Weihnachtszeit des NS-Regimes sollte leider nur ein kleiner Lichtblick für die Familie sein. Bücherverbrennungen, mit denen die Verfolgung von jüdischen und politisch-andersdenkenden Schriftstellern begonnen hatte, fanden bereits statt, jüdische Geschäfte wurden boykottiert und das Ermächtigungsgesetz, durch das die demokratische Grundordnung aufgehoben worden war, war im März in Kraft getreten.

Von da an (1934 – 1941) verschlechterte sich das Leben für jüdische Mitbürger, aber auch das von anderen Bevölkerungsgruppen, wie Menschen anderer politischer und religiöser Überzeugungen, für Menschen mit Behinderung, aber auch für weitere, von den Nationalsozialisten als minderwertig bezeichnete Bevölkerungsgruppen (Sinti und Roma).

Jüdische Mitbürger wurden von staatlicher Seite, aber auch von vielen Privatleuten diskriminiert. Ihr Lebensraum wurde eingeschränkt und begrenzt.

In der Reichspogromnacht, vom 9. auf den 10. November 1938, in der vom Regime angestiftete und organisierte Gewalt gegen Juden durchgeführt wurde, ist auch in der Rheinischen Straße 58 das jüdische Textilgeschäft „Isenberg“ vollkommen ausgeräumt und verwüstet worden. Für Liesel, die zu diesem Zeitpunkt fast 5 Jahre alt war, werden diese Erlebnisse höchstwahrscheinlich traumatisierend gewesen sein.

Von da an war es für jüdische Kinder auch verboten zur deutschen Schule zu gehen, auch öffentliche Orte z.B. Spielplätze und Parks oder der Kinobesuch waren für jüdische Mitmenschen verboten. Liesel hatte also wenige Möglichkeiten, eine normale Jugend zu erleben.

Außerdem war Liesels Vater als Kaufmann vom Boykott der jüdischen Geschäfte betroffen; er konnte also nicht mehr so einfach Geld verdienen, um die Familie vernünftig zu ernähren. Man kann also davon ausgehen, dass Liesel mit ihrer Familie ein entbehrungsreiches Leben geführt hat.

Kriegszeit

Liesel war 1942 - der Zweite Weltkrieg war inzwischen in vollem Gange - fast neun Jahre alt. Ihre Familie wurde nun dazu gezwungen, mit vielen anderen in ein „Judenhaus“ in die Steinstraße in der Nähe des Dortmunder Hauptbahnhofes zu ziehen; heute ist dort das CineStar Kino.

Deportation

Von Oktober 1941 an begannen die Nationalsozialisten mit der systematischen Deportation der Juden in Konzentrationslager, um sie als Zwangsarbeiter einzusetzen und zu töten. Die Familie Neugarten blieb allerdings länger in Dortmund, da der Vater zwangsweise in einem kriegswichtigen Betrieb arbeitete; trotzdem wurde er am Samstag, dem 27. Februar 1943, festgenommen. Die gesamte Familie musste sich daraufhin am folgenden Tag in Dortmund-Brackel am Hellweg in einer Sammelstelle einfinden.

Am 1. März wurden Liesel und ihre Eltern von dort aus zum Ostentor geschickt (damals war einige Meter südlich davon ein großer Bahnhof, der so genannte „Südbahnhof“), um von dort wiederum in großen Viehwaggons, mit vielen anderen Menschen, nach Auschwitz transportiert zu werden.

Konzentrationslager

Jenny Dresen, eine Verwandte Liesels, hat über diese letzte Lebensphase noch geschrieben: „...und das Kind Lieselchen haben sie auch weggenommen. Mein ganzes Herz, meine ganzen Freunde sind nicht mehr. Ursel Wollstein war meine beste Freundin, sie kam von Frankreich nach Auschwitz. Da habe ich eine Postkarte gekriegt, als einzige, es hat nie einer Post gekriegt von Auschwitz. Die Karte war in Kattowitz abgestempelt und kam von meiner Tante, ich kannte ja ihre Schrift. ... Jedenfalls schrieb sie: ‚Geh nie diesen Weg, es ist schrecklicher als in deinen schlimmsten Träumen. (...)‘“

Tod

Stolperstein im Gedenken an Liesel Neugarten

Der genaue Tag ist nicht bekannt, aber man geht davon aus, dass es höchstwahrscheinlich der 3. März 1943 war, an dem Liesel und ihre Mutter von den Nationalsozialisten in Auschwitz als „nicht-arbeitsfähig“ eingestuft wurden und deshalb vergast wurden.

Liesel Neugarten ist nur 9 Jahre alt geworden.

Einige Zeit nach Kriegsende, am 15. Februar 1946, gaben Angehörige eine Todesanzeige für Liesel und ihre Eltern auf.

Liesel und ihre Angehörigen werden zu Recht als „Opfer des Naziterrors“ bezeichnet.